Durch die Niederung zwischen Stücken und Körzin

SandraFläming, Nuthe-Nieplitz, Wandern6 Kommentare

wanderweg koerzin

Wanderjenosse Sandra

Nachdem wir Stücken im Sommer schon liebgewonnen haben, wollen wir dem gemütlichen Örtchen im Herbst einen weiteren Besuch abstatten. Diesmal geht es in Richtung Körzin. Wie der Vielleser unseres Blogs bereits weiß, laufen wir gerne unbefestigte Wege abseits des Fahrrad- und Autoverkehrs. Der Weg von Stücken nach Körzin verspricht laut Karte ein solcher zu sein.

Mit der Geschichte durch Stücken

Zu Beginn entdecken wir gleich im Ort eine Tafel, die auf Siedlungsfunde aus der Slawenzeit hinweist. An bezeichneter Stelle steht heutigentags ein modernes Einfamilienhaus, so dass ich meine gesamte Fantasie bündeln muß, um mir das Erscheinungsbild Stückens um das 10. Jahrhundert herum vorstellen zu können. Da ich die Einzige bin, die sich für nachgewiesene Feuerstellen und Pfostenlöcher interessiert, bleibe ich schon zu Beginn weit zurück und der Silberrücken muss sich meinen enthusiastischen Geschichtsvortrag später anhören. Wäre er schlau, würde er auf meine Frage: “Hast du gesehen, daß …?“ mit „ja“ antworten und er wäre erlöst. Aber so …

Mit wilden Tieren durch den Wald

Zuerst geht es an Koppeln mit Ziegen und Kühen vorbei. Die Tiere stehen so dicht am Zaun und sind mit Besuchern offenbar so vertraut, daß ich mich frage wer hier wen beobachtet. Der Weg bis  Körzin ist herbstlich einsam und genau nach meinem Geschmack. Prompt steht ein Fuchs vor uns auf dem Weg. Er hat wohl nicht mit Besuch gerechnet und so verschwindet er erschreckt im Unterholz. Links von uns bricht sich etwas Großes lautstark seine Bahn durch das Gehölz. Das Geräusch ist mir aus Ragösen wohlvertraut. Die Brandenburgischen Rehe sind unterwegs. Sie steuern auf die naheliegende Wiese zu. Ein Specht klopft sich einen Wolf und dann ist der Wald auch schon vorbei. Über abgeerntete Felder und herbstliche Feuchtwiesen hinweg grüßt uns Körzin am Horizont.

weg im herbst hinter Stücken

Zwischen Stücken und Körzin

In Körzin gestrandet

Als wir in Downtown Körzin einlaufen, bin ich irritiert. Die große Anzahl an geparkten Autos links und rechts am Straßenrand kann keinesfalls den Einwohnern gehören. Eine Menschenwelle strömt in den Ort. Mir schwant, daß es mit der Brandenburgischen Einsamkeit erstmal vorbei ist.
Dennoch ist mir der Ort gleich sympathisch. Schmucke Häuser säumen die Dorfstraße und wie in der Nuthe-Nieplitz Region üblich, stehen kleine unbemannte Verkaufstische vor den Türen. Obst, Gemüse und Eingemachtes werden so mittels einer Kasse des Vertrauens an den Mann oder eher an die Frau gebracht. Wir lassen uns von der Welle der nun Autolosen mitreißen und uns überraschen, wo sie uns an Land spülen wird. Das Land entpuppt sich als ein Biohof mit ordentlich Leben in der Bude. Wir haben für unseren Wandersonntag den Tag der offenen Höfe in der Nuthe-Nieplitz Region erwischt.

Landwirtschaft dient allen

Bauernhof-Philosophie in Körzin

Also dann, erstmal Gemütlichkeit mit Kaffee und selbstgebackenem Kuchen, Bratwurst, frischer Milch und anderen Leckereien. Nesthäkchen inspiziert die Ställe und ist kaum von den Kälbern wegzukriegen. Es gibt verschiedene Sorten Kartoffeln aus eigenem Anbau zu kaufen. Der Silberrücken weigert sich jedoch ganz entschieden, teures Geld für kiloweise Kartoffeln auszugeben, die er dann in seinem Rucksack zurück bis nach Stücken schleppen soll. Schade, die sehen richtig gut aus.

Das Land wo Störche weiden

Wir ziehen gestärkt weiter durch das schmucke Körzin und entdecken einen einsamen Storch auf einer eingezäunten Weide. Ob er nicht in den Süden fliegen konnte oder wollte, läßt sich nicht klären, da sich die Körzinerianer vor der Offenen-Höfe-Welle hinter Ihren Feldsteinmauern verbarrikadiert haben. Er sieht auch nicht verletzt oder anderweitig versehrt aus und stochert mit seinem Schnabel auf der Weide umher. (Nachtrag 09.07.2020: mit Dank an Björn: „Der Storch in Körzin heißt “Paulchen” und überwintert schon seit Jahren dort, seitdem er mit einer Schnabelverletzung dort gesundgepflegt wurde.“)

storch im herbstlichen körzin

Der einsame Storch „Paulchen“

In jedem Fall hat er hier im November nichts mehr zu suchen. In Ermangelung weiterer Sehenswürdigkeiten beschließen wir den Rückzug anzutreten. Wie immer haben wir keine Lust auf denselben Weg, den wir gekommen sind. Unsere Karten geben wieder einmal keinen offiziellen Weg preis und so versuchen wir es eben auf eigene Faust. Wir schlagen einen Weg über die Felder ein, der in die passende Himmelrichtung führt. An jeder Abzweigung nehmen wir den Weg, der uns in Hinblick auf die grobe Richtung am geeignetsten erscheint.

Fundsache

Die Felder sind jetzt im Herbst abgeerntet und trist. Unserem Nesthäkchen ist ein bisschen langweilig und es läuft abseits des Wegs durch eine Furche im Feld. Plötzlich steht es hinter mir mit dreckigen Klumpen in den Händen und sagt: “Guck mal Mama, was ich gefunden habe!“ Ich gucke also und siehe da, sie hat die Hände voller Kartoffeln.
„Hab ich gefunden und da liegen noch gaaaanz viele.“
Tatsache, der fleißige Biobauer hat zwar sein Feld abgeerntet aber es liegen noch jede Menge vergessene Kartoffeln auf und direkt unter der Erde.

Kartoffelfeld

Fundsache am Wegesrand

kartoffeln auf dem Feld

Gut wer eine Tüte dabei hat

Es gab noch keinen Frost in diesem Herbst und so sind die übersehenden Kartoffeln in jedem Fall noch zu verwenden. Da habe ich doch ganz zufällig einige Tüten dabei, die sich zum Transport von Fundsachen auf Wanderwegen hervorragend eignen. Der Silberrücken macht ein langes Gesicht, denn jetzt darf er ganz ohne Geld ausgegeben zu haben kiloweise Kartoffeln in seinem Rucksack zurück bis nach Stücken schleppen. Und die hier sehen auch richtig gut aus. Viele, die auf dem Feld liegen, sind schon grün und da wir uns nicht vergiften wollen, buddeln wir lieber die verschütteten, nicht grünen aus. Derweil diskutieren wir schon mal, ob es heute Abend Bratkartoffeln oder HoppelPoppel geben soll.
Die vielen Entwässerungsgräben machen mir Sorgen. Aber wir es schaffen es,  sie zu umgehen bzw. finden ab und an ein Brückchen, dass uns trockenen Fußes hinüberkommen lässt. So geht es im Zickzack durch die Niederung zwischen Körzin und Stücken.

entwässerungsgräben

Entwässerungsgräben halten die Niederung trocken

Noch mehr Geschichte

Plötzlich stehen uns ein paar Bäume und halbhohes Gestrüpp im Weg. Wir müssen Drumherum. Dabei bemerke ich, dass sich der Bewuchs auf einer kleinen Anhöhe angesiedelt hat und die ist auch noch rund. Ich überlege kurz, wo ich sowas schon einmal gesehen habe. Na klar, ein Ringwall! Dem Silberrücken steht nicht der Sinn nach weiteren Unterbrechungen; er trägt schwer. Nur Wanderjenosse Lea lässt sich unwillig zurückpfeifen und wir inspizieren das Ding. Der Wall selbst ist noch etwa 1,20 m hoch. Wir erklettern den kleinen Hang und schieben uns durch das Gestrüpp. Das Plateau ist eben und nur mit Gras bedeckt. Die Abmessungen der Anlage sind noch gut erkennen. Er ist fast rund und fast hundert Meter lang. Da haben die Vorchristen echte Wertarbeit geleistet. Nach gut 1000 Jahren ist die Wallburg noch gut zu erkennen. Ob es nur eine sogenannte Fluchtburg war, die die Menschen der Umgebung bei Gefahr aufsuchten oder der Amtssitz lokaler Potentaten, lässt sich heutzutage nicht mehr klären. In jedem Fall hatten die Altvorderen einen Sinn für den richtigen Standort, denn bevor die Nachkömmlinge in der Neuzeit mit Pumpen den Grundwasserspiegel der Niederung zwecks Ackerflächengewinnung absenkten, holte sich hier jeder Burgenstürmer erst mal nasse Füße. Nachdem wir den Geschichtsbanausen wieder eingeholt haben, stelle ich die übliche Frage:
„Hast du gesehen, daß da ein Ringwall war?“
„Ein was?“
Ich werte das als nein und so kommt der Silberrücken gleich in den Genuss eines zweiten Geschichtsvortrages über die Besiedelung der Gegend. So durchqueren wir die Niederung und gelangen mit unserer Hamsterware schliesslich wieder in Stücken an. Zum Schluss sei noch gesagt, dass wir etliche Wochen Freude an unserer Fundsache hatten.

TIPP
Der Verein Offene Höfe in der Nuthe-Nieplitz-Region e.V. ist ein Zusammenschluss  inhabergeführter, landwirtsschaftlicher Betriebe mit dem Ziel regionale Produkte und deren Vielfalt über die Grenzen der Region hinaus bekannt zu machen. Immer am ersten Sonntag im Mai und November habt ihr die Gelegenheit in den Mitgliedsbetrieben hinter die Kulissen zu gucken.
Mehr Infos: www.offenehoefe.de

Start: Stückener Dorfstrasse, 14547 Stücken
Ziel: Stückener Dorfstrasse, 14547 Stücken
Rundwanderweg: ja
Länge: 8,8 km
Schwierigkeitsgrad: leicht
überwiegend sonnig

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Wanderjenosse Sandra

Sandra

Ich bin in Brandenburg aufgewachsen und liebe die Märkische Landschaft und ihre Menschen. Ich bin Immer auf der Suche nach den schönsten und abgelegensten Winkeln zum Wandern und darüber Schreiben.

6 Comments on “Durch die Niederung zwischen Stücken und Körzin”

  1. Liebe Wanderjenossen,
    schon beim ersten „querlesen“: sehr schön und so anschaulich, dass ich am liebsten gleich los möchte ? die Begleitung des „Silberrückens“ ??? ich werde weiterlesen ? liebe Grüße von Delia

    1. Liebe Delia,
      schön, dass Du unseren Blog gefunden hast und das Lesen Dir Spass macht. Wir werden Brandenburg gerne für Dich weitererkunden.
      Viele Grüsse
      Sandra

  2. Hallo,
    wir wollen Himmelfahrt auch den Wanderweg nutzen und uns nach Körzin begeben. Die Hälfte der Strecke haben wir am letzten Wochenende schon probiert. Allerdings wollen wir auch den gleichen Rückweg nehmen, da uns das andere zu unsicher ist und die anderen Wanderfreunde doch manchmal etwas ungnädig wenn der Weg nicht ausgewiesen ist.

    1. Hallo Bernhard Albrecht,
      der Weg querfeldein über die Wiesen ist in der Tat eher etwas für abenteuerlustige Wanderjenossen. Ich wünsche Euch viel Spass an Himmelfahrt und vor allem passendes Wetter.
      Viele Grüsse
      Sandra

  3. Hallo! Schöne Wanderberichte gibt es hier im Blog, gut eingefangen in Wort und Bild!

    Der Storch in Körzin heißt „Paulchen“ und überwintert schon seit Jahren dort, seitdem er mit einer Schnabelverletzung dort gesundgepflegt wurde.

    Nicht so schön jedoch ist, dass ihr auf dem Rückweg Wege gegangen seid, die aus Naturschutzgründen nicht begangen werden sollen, worauf auch Schilder hinweisen. Das wäre an sich ja nicht so dramatisch, wenn es _mal_ passiert, zumal die Brutzeit der Wiesenvögel längst vorbei war. Allerdings passiert das dort ganzjährig ziemlich oft, viele Besucher freuen sich einerseits über die idyllische Landschaft und ignorieren andererseits alle Einschränkungen.
    Deswegen möchte ich hier doch noch einmal darauf hinweisen, in der Hoffnung, den ein oder anderen Wanderfreund zu sensibilisieren.

    1. Lieber Björn,
      vielen Dank für die Erhellung in Bezug auf „Paulchen“. Über diesen Zusatz habe ich mich sehr gefreut.
      Grundsätzlich hast Du mit deinem Hinweis zum Nichtbetreten von Naturschutzflächen völlig Recht. Man bleibt auf ausgewiesenen Wegen, reist keine Pflanzen ab, leint seinen Hund an, raucht nicht, schmeißt keinen Müll in die Landschaft und schreit auch nicht sinnlos durch die Gegend. Das sind auch Dinge, die ich immer wieder beobachte.
      Zu deinem konkreten Hinweis muss ich leider sagen, dass die Wege, die wir benutzt haben, nicht durch Schilder gekennzeichnet waren. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass wir die übersehen haben könnten. Das werde ich wohl bei passender Gelegenheit noch einmal in Augenschein nehmen müssen. Insofern danke ich Dir für den Hinweis und schließe mich Deinem Appell zu mehr Rücksichtnahme im Naturraum an.
      Viele Grüsse
      Sandra

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