Eine Tour, zwei Berichte!
Mutter und Tochter bloggen über Ihre Wandererlebnisse!Wanderjenosse Sandra
Heute haben wir mal Lust auf Fläming. Das Schöne am Fläming ist, dass es für märkische Verhältnisse ziemlich hoch und runter geht. Ein gefühltes Mittelgebirge und man kann durchaus auch einen Gipfel besteigen. Einen Kleinen, versteht sich.
Ich habe heute als Startpunkt Klein Briesen ausgesucht. Wo das liegt? Na, bei Groß Briesen. Klein Briesen ist so klein, dass wir bei der Suche nach einem korrekten Parkplatz gleich wieder das Ortsausgangsschild passieren. Der Silberrücken kann nicht glauben, dass dies das Ziel unserer eineinhalbstündigen Fahrt ist, und so müssen wir wenden, damit er die Stadtrundfahrt noch einmal genießen kann. Mir gefällt das Örtchen; eine Handvoll Häuser, der Briesner Bach, eine der kleinsten Kirchen Brandenburgs und viele, viele Wanderwegweiser.
Wir starten in die Richtung, die uns der Wegweiser Aussichtsturm weist. Ziemlich bald biegen wir in einen Kiefernwald ein. Ein breiter, sandiger Forstweg führt leicht bergan. Diese Baummonokultur in verschiedenen Wachstumsphasen ist eher nicht mein Fall. Kurz bevor mir die in Reih und Glied gepflanzten Bäume aufs Gemüt schlagen, erreichen wir eine ziemlich hohe Hangkante. Hier fällt das Gelände steil ab. Oben ist Fläming, unten ist Urstromtal. Die Gletscher der letzten Eiszeit hatten sich genau bis hierher vorgeschoben. Dann schmolzen sie ab und das Wasser floss nach unten weg. Die Kinder kriegen bei der Gelegenheit gleich einen Crashkurs über die glaziale Serie verpasst, während wir links dem schmalen Weg direkt auf der Abbruchkante folgen. Nicht lange und der Aussichtssturm kommt in Sicht.
Houston wir haben ein Problem
Er sieht aus wie eine Rakete, die auf dem kargen Sandboden gelandet ist. Im Umkreis von fünfzig Metern steht kein Baum mehr. Alle bei der Landung gefällt. Bei der Planung der Rakete lagen von Amtswegen offenbar keine optischen Aspekte zu Grunde. Aber das ist Geschmackssache. Beim Näherkommen muss ich leider feststellen, dass die Treppen des Turms offen sind und auch die Absätze einen freien Blick nach unten ermöglichen. Das ist nichts für Leute mit Höhenangst. Nichts für mich. Ich setze mich also erst mal auf die unterste Stufe, um mich für den Aufstieg mental vorzubereiten. Kneifen zählt nicht, ich muss ja schließlich vom Ausblick berichten.
Wanderjenosse Lea ist schon halb oben und ruft freche Kommentare nach unten. Ich atme tief durch, raffe mich auf und setzte schön langsam einen Fuß vor den Anderen. Und Einatmen… und ausatmen, einatmen, ausatmen… und immer schön am Geländer festhalten. Oben auf der Aussichtsplattform angekommen, wird mein Mut kollektiv beklatscht. Von hier oben schweift der Blick weit über das Urstromtal mit Wiesen, Feldern und Ortschaften. Der Aufstieg hat sich gelohnt. Der Name Schöne Aussicht für diesen über einhundert Meter hohen Gipfel ist gut gewählt. Nun verstehe ich auch die Abholzung rund um die Rakete. Die Kiefern sind so hoch gewachsen, dass man gerade so über die Wipfel hinweg sehen kann. Würden sie dichter am Turm stehen, wäre die Aussicht ins Tal versperrt. Ich frage mich, ob es dahingehend einen Plan für die kommenden Jahre gibt, denn es ist kaum zu erwarten, dass die Bäume ihr Wachstum spontan einstellen.
Unser Nesthäkchen hat Hunger und mein Vorschlag unten in Sicherheit zu essen wird lautstark niederprotestiert. Also picknicken wir oben. Eine Hand zum Essen muss diesmal reichen, denn mit der Zweiten kralle ich mich nach wie vor am Geländer fest. Irgendwann haben wir genug gekuckt und steigen von dem Ungetüm herunter. Mein Puls normalisiert sich damit auch wieder.
Boah, ist der Weg langweilig
Nun gehen wir ein Stück den schmalen Weg direkt auf der Abbruchkante zurück und steigen dann ins Tal hinab. Wir wollen bis zum Waldrand laufen und uns dann in Richtung Ragösen halten. Leider bleibt der Wald kieferich und damit monoton. Die einzige Abwechslung ist der Fund eines großen Pfifferlings beim Querfeldeinlaufen. Alle latschen natürlich vorbei aber meinen Adleraugen ist er nicht entgangen. Ich rufe also meine Mannschaft zurück, denn ein Pfifferling ist üblicherweise nicht allein. Gemeinsam rutschen wir auf Knien über den Waldboden und suchen so eine stattliche Portion zusammen. Einer wird heute Abend schon mal satt. Wir erreichen den angepeilten Waldrand, werden aber den breiten, sandiger Forstweg nicht los. Rechts Kiefern, links Mais. Das ist das Bild für die nächste Stunde.
Ragösen
Ganz plötzlich sind die Kiefern weg und ein schöner Mischwald tritt an seine Stelle. Und schon singen auch ein paar Vögel. Ein paar Minuten später marschieren wir in Ragösen ein. Hier betreten wir wieder einmal ein potemkinsches Dorf und fragen uns, ob uns unser Ruf bereits vorauseilt und sich deshalb kein Mensch blicken lässt. Es gibt darüber hinaus aber auch keine Einkehrmöglichkeit oder andere spannende Highlights am Wegesrand. Sei‘s drum. Wir folgen nun der Beschilderung Klein Briesen, denn ab hier treten wir den Rückweg an. Bevor wir den Ort schließlich hinter uns lassen, kommen wir am Bullenberger Mühlenteich vorbei. Hier machen wir auf einer der Bänke am Ufer noch einmal eine kurze Rast und genießen die beschauliche Szenerie mit der Mühle im Hintergrund. Leider ist kein Mühlrad zu sehen. Der Zufluss zur Mühle ist unterirdisch angelegt und man hört nur das Rauschen des herabstürzenden Wassers. Die Mühle ist nicht öffentlich zugänglich und so bleibt uns eine genauere Untersuchung des Funktionsmechanismus versagt. Ist ja auch Keiner zum Fragen da.
Am Briesener Bach über die grüne Grenze
Der Weg führt nun immer direkt am Briesener Bach entlang. Hier machen wir über die grüne Grenze nach Sachsen, zumindest in den Grenzen von 1580. Direkt zu Beginn steht auf der rechten Seite, fast zugewachsen, ein alter Grenzstein, der die ehemalige Grenze zwischen Sachsen und Brandenburg markiert. Der schmale Weg windet sich nun über eine Stunde lang immer dicht am munter fließenden Bach entlang, hüpft von hüben nach drüben über eine Vielzahl kleiner Brückchen und versucht mit dem mäandernden Wasserlauf Schritt zu halten. Nun werden wir für den drögen Hinweg entschädigt.
Wildes Sachsen
Auf halber Strecke kommen wir an einem kleinen Geologiegarten vorbei. Hier haben geologisch vorgebildete Zeitgenossen Steine verschiedener Größen zusammengetragen, die die Eiszeitgletscher als Findlinge liegengelassen haben. Die Absenderregion wird auf den Schildern gleich mitgeliefert. Die ordentlich aufgereihten Steine entbehren nicht einer gewissen Skurrilität, so mitten im Wald.
Plötzlich bricht sich ein Tier lautstark freie Bahn durchs dichte Gehölz. Wir stehen wie angewurzelt da und können nicht sehen, welches Ungetüm sich und aus welcher Richtung nähert. Vor Wildsschweinen habe ich gehörigen Respekt und erwäge bereits einen der kleineren Findlinge als Wurfgeschoss Zweck zu entfremden. Wir sind seit vier Stunden keiner Menschenseele begegnet und in Ragösen stehen nur Staffagebauten. Außerdem habe ich nur 3G und 2 Balken. Ich fürchte also das Schlimmste. Das Ungetüm entpuppt sich sogleich als ein großes, gutgenährtes Reh, das uns schlichtweg nicht gewittert hat. Als es zwanzig Meter vor uns aus dem Unterholz knistert, guckt es genauso erschreckt wie wir und gibt dann ordentlich Fersengeld über den Bach. Mein Puls hat heute eine ganz schöne Bandbreite zu absolvieren.
Vergessenes Preußen
Etwas später wechseln wir nochmals die Seiten und betreten wieder brandenburgischen Boden von Sachsen her. Ein weiterer Grenzstein markiert den Wiedereintritt. Die brandenburgischen Rehe, wissen was sich gehört und zeigen sich nur von weitem, ohne uns zu erschrecken. Kurz vor Klein Briesen taucht linker Hand, mitten im Grünen ein merkwürdiges Bauwerk auf. Es entpuppt sich bei näherer Untersuchung als die Familiengrabstelle derer von Thümen. Die Grabsteine sind völlig überwuchert. Die Dekoration ist verschwunden. Das Ganze macht einen traurigen Eindruck. Die Namen Hedwig von Thümen und Richard von Thümen lassen sich gerade noch entziffern. Auf den älteren Steinen ist nichts mehr zu lesen. Die nach der Wiedervereinigung anderenorts stattgefundene Renaissance fürs Preußische hat sich hier nicht ereignet. Vielleicht fehlt es am Geld. Oder die von Thümen waren so raubeinige Figuren der preußischen Geschichte, dass sich niemand an sie erinnern will. Wie dem auch sei, meine Mannschaft hat wenig Interesse, an derlei Fragestellungen.
Am Ziel
Sie wollen lieber zum Artesischen Brunnen, den uns einer der Wanderwegweise bereits angekündigt hat. Zweihundert Meter vor dem Ende unserer Wanderung finden wir ihn. Hier tritt Grundwasser aufgrund seines eigenen Druckes an die Oberfläche und fließt in den Bach. Gegen eine Verschmutzung der Quelle hat man ein paar Findlinge aufgetürmt. Das austretende Wasser hinterlässt aufgrund eisenhaltiger Verbindungen rötliche Ablagerungen auf den Steinen. Es ist kein Trinkwasser aber um sich zum Abschluss die Füße zu kühlen ist es genau das Richtige.
Wanderjenosse Lea
Klein Briesen war wirklich klein. Es gab noch nicht Mal eine richtige Dorfstraße, nur eine Kirche. Diese zählt zu den kleinsten Kirchen Brandenburgs und ungefähr so klein wie die Kirche, war auch das Dorf. Ein kleines überwuchertes Schild wies auf einen Parkplatz hin. Diesen suchten wir dann auch, waren aber schon aus dem Dorf raus gefahren, bevor wir jenen fanden. Ironisch wies ich darauf hin, dass hier sicher jemand den Abschleppdienst rufen würde, wenn wir falsch parkten. Also stellten wir uns einfach dahin, wo wir den Parkplatz vermuteten. Noch schnell Fotos von allem gemacht und schon wieder kurz davor Pause zu machen ging es dann endlich los. Die Straße überquert, bogen wir in einen Waldweg ein.
Für brandenburgische Verhältnisse, ging es nun ziemlich steil den sandigen Weg bergauf. Das Nesthäkchen und der Silberrücken waren am Pilze sammeln, damit der Kleinen nicht langweilig wurde. Großmotzig machte ich mich darüber lustig, dass im Hochsommer doch keine Pilze wüchsen, schon gar nicht auf sandigem Boden. Eine halbe Stunde später fanden wir dann eine ganze Portion Pfifferlinge. Welche Ironie. Den Berg oder Hügel, wie auch immer man es nennen mag, erklommen, gingen wir immer an der alten Gletscherkante entlang. Wanderjenosse Sandra hat uns dann lang und breit erklärt, dass hier früher der Gletscher geendet habe und es deshalb hier so hügelig sei. Ich sparte es mir zu erwähnen, dass ich das schon in der Schule durchgekaut hatte. So hörte ich mir also bis zum Aussichtsturm (der war übrigens unser erstes Ziel) Mamas Erläuterungen an. Dann unterhielten wir uns noch über Kiefern und die Monokultur hier.
Das UFO, welches eigentlich ein Aussichtsturm war
Der Aussichtsturm sah eher wie ein abgestürztes UFO aus. Die Bäume drum herum waren gefällt worden, um von oben das Tal überblicken zu können, was den Eindruck eines UFOs aber eigentlich nur verstärkte. Zu dritt bestiegen wir dann den Turm. Ja zu dritt. Wanderjenosse Sandra war das ein bisschen zu hoch, aber nach gutem Zureden und dem Versprechen von Essen, kam sie dann auch. Weil wir ja ein Rudel sind, wurde Mamas Vorschlag unten zu essen dann demokratisch abgelehnt. Nach dem Genießen des Ausblickes, setzten wir uns also auf den Boden des UFOs und verspeisten die mitgebrachte Mahlzeit. Ich sagte nichts dazu, dass wir schon nach der ersten zwanzig Minuten etwas aßen. Außerdem hatte ich auch Hunger.
Noch mehr Einsamkeit
Wer den Berg erklimmt, muss auch wieder hinunter. So ging es dann genauso steil wie es hoch ging auch wieder runter. Und dann ging es erstmal ziemlich lange geradeaus. Rechts die Abbruchkante mit Kiefern und links eine Abwechslung aus Maisfeldern und Wiesen. Es folgten lange und sinnlose Diskussionen über Dinge, an die ich mich selbst nicht mehr erinnern kann. Und dann kam Ragösen. Auch hier war nichts los, zumindest war es nicht so ein Funzel-Dorf wie Klein Briesen. Kaum waren wir also im Ort, waren wir auch schon wieder raus. Zumindest gab es hier eine Mühle mit passendem Teich. Nur das Mühlrad war nicht zu sehen. Hier ließen wir uns nieder und machen (seufz) Pause. Aber diese hatten wir uns ehrlich verdient, schließlich waren wir eine ganze Stunde ohne Pause zu machen, gelaufen. Vielleicht ist das sogar unser neuer Rekord.
Ein Stein mit Zukunft
Nun ging es immer am Briesener Bach entlang. Dieser mäanderte die ganze Zeit nur so vor sich hin und Wanderjenosse Sandra und ich philosophierten über dieses kleine Wörtchen. So ging das die ganze Zeit. Auch Mal mit dem Silberrücken.
Irgendwann liefen wir zwischen wilden Blaubeerfeldern. Und dann kam das Nesthäkchen und wollte mich hauen, weil ich ihr ihre Blaubeere geklaut hatte. Ich kam dann mit dem genialen Satz, dass hauen inakzeptabel gegenüber den gesellschaftlichen Gesetzen des menschlichen Systems sei und fand den Satz echt super. Aber Mama und Papa haben mich nur blöd angeguckt und Nesthäkchen hatte nicht verstanden, was das sollte. Kurz danach kam eine fein säuberlich aufgereihte Sammlung an Steinen in Sicht. Diese waren alle beschriftet von woher sie kamen und wie alt sie waren. Ich war schon am Überlegen den 570 Millionen Jahre alten Stein mitzunehmen, ließ es dann aber doch bleiben, obwohl ich ihn größentechnisch sogar hätte tragen können. Zumindest wird er jetzt auch von weiteren Wanderern bestaunt werden können. Gerade waren wir weiter gelaufen, da lief uns ein Reh über den Weg. Mama hatte schon Angst es wäre ein Wildschwein, doch die Kommandozentrale gab Entwarnung.
Eine ziemlich legale Grenzüberschreitung
Immer wieder ging es über kleine Brücken. Wieso man nicht auf einer Seite laufen konnte, blieb mir schleierhaft. Ich war immer noch damit beschäftigt darüber nachzudenken, da taten sich vor uns zwei Reihen Douglasien auf. Zumindest deren Bedeutung klärte sich auf, als wir den kleinen Grenzstein am Ufer des Briesener Bachs entdeckten. Denn nicht nur der Stein, sondern auch die ausländischen Nadelbäume markierten die Grenze. Nachdem wir dann die kleine Infotafel noch zur Genüge studiert hatten, ging es weiter irgendwelche kleinen, unscheinbaren Wege entlang. Ein kleiner Blick auf den mobilen Begleiter (auch Handy genannt) verriet, dass es nicht mehr weit sein konnte.
In der Pampa tut sich was
Irgendwie war das alles hier sehr abstrus. Mittlerweile waren wir auf einen breiten Forstweg gelangt. Den Wegrand zierten kleine verlassene Stände. Auch hier folgte eine unserer berüchtigten Diskussionen, was wohl der Zweck dieser Bauten wäre. Am Ende kamen wir auf das Ergebnis, dass das mal Weihnachtsmarktstände gewesen sein müssen. Natürlich stellte sich die Frage, was diese mitten im Wald zu suchen hatte. Diese Diskussion blieb allerdings erfolglos. Dann kamen wir noch an der Grabstätte derer von Thümen vorbei. Wanderjenosse Sandra blieb ein Stück zurück, um diese noch genauer zu untersuchen, wir anderen gingen weiter und kamen so zum Artesischen Brunnen. Durch die Oxidation des im Wasser enthaltenen Eisens mit der Luft, hatte sich eine rötliche Schicht am Boden abgesetzt. Das ganze Schauspiel sah ziemlich mystisch aus, wurde aber auch auf einer Infotafel erklärt. Keine 200 Meter weiter waren wir schon wieder am Auto, welches in Poleposition direkt am Wanderweg stand. Klein Briesen war immer noch so verlassen, wie wir es am Morgen vorgefunden hatten und genauso verließen wir es auch wieder
TIPP
Besucht Bürgers Eiscafe & Restaurant in 14778 Golzow, Anger 1! Hier gibt es Supereisbecher, Softeis und eine gute Speisekarte.Streckeninfos
Start: Klein Briesen, 14806 Bad Belzig
Ziel: Klein Briesen, 14806 Bad Belzig
Rundwanderweg: ja
Länge: 12 km
Schwierigkeitsgrad: leicht
überwiegend schattiger Weg
Klein Briesen und Ragösen in Bildern
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