Eine Tour, zwei Berichte!
Mutter und Tochter bloggen über Ihre Wandererlebnisse!Wanderjenosse Sandra
Wir sind wieder in der Nuthe-Nieplitz Gegend unterwegs und wollen zum Vogelbeobachtungsturm in Stangenhagen. Diesmal starten wir auf weiter Flur an der L793 zwischen Blankensee und Schönhagen. Kurz vor Schönhagen biegt ein unbefestigter Weg ab, der mit einem kleinen Schild als Radweg gekennzeichnet ist. Hier parken wir (vor dem Schild „Naturschutzgebiet Nuthe-Nieplitz“, versteht sich).
Kaum ausgestiegen, begrüßen uns schon zwei Kraniche mit lautem Geschrei. Nur 200m entfernt suchen sie auf dem brachliegenden Feld nach Fressbarem. Schon jetzt hat sich die Mitnahme unseres Opernguckers gelohnt. Wir laufen los und verschwinden direkt im Wald. Ein herrlicher Erlenbruchwald erwartet uns. Der ganze Wald steht mehr oder weniger unter Wasser und alles ist grün überwuchert. Der Kuckuck ruft pausenlos und anderes unbekanntes Getier lässt seinen Ruf durch den Wald hallen. Nach einigen hundert Metern ist der Wald jedoch schon zu Ende, der Waldweg wird zu einem Heckenweg und heißt nun Lankendamm. Wir laufen nun tatsächlich auch etwas erhöht und haben einen herrlichen Blick abwärts auf den Blankensee und den gleichnamigen Ort am anderen Ufer. Über uns kreisen zwei Raubvögel und ich ärgere mich, dass ich nicht weiß, wer da fliegt.
Eigenes Obst von der Streuobstwiese?
Das Nesthäkchen hat schon wieder Hunger und so müssen wir, kaum losgelaufen, schon eine Pause machen. Wie auf Bestellung, kommt da eine Bank des Weges. Anhalten ist jedoch ein Fehler, denn das gelbe T-Shirt gaukelt unzähligen, kleinen, schwarzen Käfern vor, eine Necktarquelle zu sein. Da es das Versprechen naturgemäß nicht halten kann, kommen immer mehr Käferkumpel, um den Anderen bei der Suche zu helfen. Unser Stadtkind versucht verzweifelt die Plagegeister loszuwerden, scheitert jedoch an der schieren Menge. So bleibt nur ein Ausweg: T-Shirt ausziehen und Nackedei sein. So, jetzt ist Ruhe und so entdecke ich das eingezäunte Gelände mit einer riesigen Steuobstwiese. Vorbildlich vorbereitet weiß ich, dass der Landschafts-Förderverein Nuthe-Nieplitz-Niederung e.V. Anfang der 90iger Jahre diese 14 Hektar bepflanzt hat. Für € 25,00 im Jahr kann man hier Baumpate werden und das Obst seines Baumes ernten. Wir diskutieren, ob wir das machen sollen, kommen aber nicht überein. So starten wir wieder entlang des Lankendamms, der sich bis nach Stangenhagen hinzieht und immer wieder schöne Aussichten über Wiese und Wald bis zum See bietet.
Sonntag in Stangenhagen
Bald marschieren wir in Stangenhagen ein und werden von einem Haus zum Nächsten bei den belfernden Hofhunden durchgereicht. Trotz der allumfassenden Ankündigung, lässt sich kein einziger Mensch blicken. Selbst die Kirche macht an diesem Sonntag einen traurigen Eindruck. Wir folgen daher zügig der einsamen Dorfstraße durch den ganzen Ort, denn wir wollen zum Vogelbeobachtumsturm am Pfefferfliess. Am Ende wird daraus ein plattenbelegter Weg, der von beiden Seiten zuzuwachsen droht. Wir müssen rechts abbiegen. Der Pfad ignoriert einen geschlossenen Schlagbaum – wir auch – und führt nun etwas erhöht durch die Wildnis. So bleiben unsere Füße trocken, während sich rechts und links das Feuchtgebiet bis zum Horizont ausbreitet. An einer besonders nassen Stelle wurde ein Bohlenweg verlegt. Er führt um eine Kurve und plötzlich stehen mitten im Grün ein paar Menschen.
Vogelshow, live und in Farbe
Nein, keine Stangenhagener sondern echte Vogelgucker. Alle haben Ferngläser dabei. Und da ist auch der Turm! Ein paar Ornithologen haben sich häuslich eingerichtet: mit Campingstühlen, Tischen, Bierchen und beeindruckenden Ferngläsern auf ebenso beeindruckenden Stativen. Im Moment stecken Ihre Augen in den Ferngläsern und sie fachsimpeln über Anfluggeschwindigkeit und mitgebrachte Beutetiere. Ich frage laut worauf sie denn heute jagen. Irritierte Augen kommen aus den Ferngläsern und ich erhalte die freundliche Auskunft, dass dort (Finger zeigt ins Grüne) das Nest eines Fischadlers ist und die Jungen kurz vor dem Ausfliegen sind. Ich gucke in die angezeigte Richtung, kann aber nichts entdecken. Wanderjenosse Lea bringt den Operngucker in Position. Auch damit ist nichts zu sehen. Der freundliche Ornithologe hat Mitleid, winkt mich an sein Mörderfernglas heran und stellt das Stativ auf meine Augenhöhe ein. Ich schaue hindurch und jetzt glaube ich direkt neben dem Nest zu stehen. Auf einem Pfahl mit Nisthilfe inmitten des Schwanensees befindet sich ein Nest mit zwei ziemlich hässlichen Jungvögeln. Sie haben ihren Flaum noch nicht ganz verloren und sehen daher etwas zerrupft aus. Es herrscht ordentlich Gerangel im Nest. Die Altvögel sind auf Futtersuche und so hat auch Lea freie Sicht auf das Geschehen. Nachdem wir ausgiebig geschaut haben, bedanken wir uns artig bei dem Vogelgucker und steigen leise auf den Turm.
Hier stehen einige freundliche Ornithologinnen mit Teleobjektiven im Anschlag, die jeden Paparazzo vor Neid erblassen lassen. Wir holen dennoch selbstbewusst wieder unseren Operngucker raus und entdecken das Nest eines Höckerschwans und eines Graureihers. Am Himmel kreisen einige Raubvögel und die Vogelfachfrauen klären uns bereitwillig auf. Schwarzmilan und Rohrweihe ziehen hier ihre Bahnen; erkennt man am Flugbild. Aha, wieder was gelernt. Der Turm hat noch eine zweite Etage und ich entdecke, dass unter dem Dach eine Rauchschwalbenfamilie Quartier genommen hat. Die Alten schwirren im Zwei-Minuten-Takt haarscharf an uns vorbei in ihr Nest.
Durch das wilde Röhrichtstan
Nachdem wir die Wasserlandschaft nebst Vogelwelt ausgiebig bewundert haben, beschließen wir weiter zu gehen. Wir nehmen jedoch nicht den Weg zurück nach Stangenhagen, sondern wählen einen Pfad, der kaum zu sehen ist am Pfefferfliess entlang in Richtung Ort. Das Schilfrohr ist mannshoch und wir kämpfen uns hintereinander durch das dicht stehende Röhricht. Wir rascheln derart durch das Schilf, dass sich kein Vogel mehr blicken lässt. Das Stadtkind ohne T-Shirt jammert, weil mit den kurzen Beinen hier kein Preis zu gewinnen ist. Also schicken wir den Silberrrücken an Position eins, der macht die Schneise breiter und unser Stadtkind kann wieder mithalten. Nach einer Weile tritt das Schilf zurück und ein schöner Weg führt immer direkt am Pfefferfliess in den Ort zurück.
Immer noch Sonntag in Stangenhagen
Hier erreichen wir wieder die Dorfstraße durch das potjomkinsche Stangenhagen und verlassen es auf demselben einsamen Weg, den wir gekommen sind. Entlang des Lankendammes begleiten uns nu n unzählige Schmetterlinge, die in der warmen Nachmittagssonne ihre Ausflüge machen. Neben schnöden Kohlweißlingen und Zitronenfaltern sind auch Schillerfalter, Perlmuttfalter und seltenere Bläulinge dabei. An der Bank neben der Streuobstwiese machen wir eine letzte Rast und über dem Blankensee kreisen wie zum Abschied wieder die beiden Raubvögel. Jetzt weiß ich Bescheid – der Schwarzmilan ist unterwegs.
Auflösung Suchbild: rechts unten: Nest eines Höckerschwans / links im Bild: Nest eines Graureihers
Wanderjenosse Lea
Dieses Mal hatte ich echt Bock auf diesen Ausflug. Wobei Ausflug untertrieben ist. Mit meiner Familie ist ein kleiner Ausflug schon eine halbe Weltreise. Bis alles was mitzunehmen ist zusammen gesammelt ist und alle endlich im Auto sitzen, kann es schon eine ganze Weile dauern. Okay, das ist vielleicht ein bisschen übertrieben. Worauf ich eigentlich hinaus will ist, dass nicht die Ausdauer oder die Kondition das Wichtigste bei unseren Wanderungen ist, sondern die Geduld (gleich nach dem Spaß natürlich).
Endlich geht es los
Wir kamen also an und hatten keine Ahnung, wo wir parken sollten. Schließlich stellten wir uns dann einfach an den Wegrand und hofften, dass das Auto nicht geklaut wird. Als dann auch endlich alle ihre Schuhe an hatten, konnte es losgehen. Wir waren noch nicht einmal die paar Schritte bis zum Waldrand gelaufen, da erblickten wir schon die ersten Kraniche. Also hielt natürlich die ganze Karawane an, um die Vögel zu bestaunen. Wobei wir den Silberrücken erst einmal zurück pfeifen mussten. Er war eiskalt daran vorbei gelaufen. Da ein Vogelbeobachtungsturm unser Ziel war, war das natürlich thematisch auch sehr passend, nur wurde unsere Abfahrt um weitere fünf Minuten verzögert. War ja fast wie bei der Deutschen Bahn, aber ich verzieh ihnen gnädiger Weise und erlaubte ihnen sogar, mein Fernglas zu benutzen (nachdem ich die Tiere natürlich als erstes bestaunt hatte). Auf jeden Fall liefen wir dann in den Feuchtwald hinein. Das Nesthäkchen war ziemlich hysterisch wegen der Mücken und auch hier mussten wir einen kleinen Zwischenstopp einlegen, um uns mit Mückenspray einzusprühen. Ich verweise auf den Absatz oben: Geduld! Mama hat die ganze Zeit vom dieser Art von Wäldern geschwärmt und aus ihrer Kindheit erzählt, was ziemlich unterhaltsam war. Dabei blieben wir beide ein bisschen zurück, weil wir (eigentlich nur Mama) nebenbei noch Fotos machten. Vielleicht war es aber auch so, dass der Silberrücken und das Nesthäkchen ein bisschen Auslauf brauchten und sich vor den Mücken grausten. Das war nicht so ganz eindeutig.
Irgendwo im nirgendwo
Als sich das Rudel dann am Ende des Waldes wieder vereinte, hatte mein kleines Schwesterchen Hunger. Schließlich hielten wir an einer Bank mit netten Ausblick auf den Blankensee. Ich hätte kotzen können. Wieso konnten wir nicht einmal einfach nur laufen? Aber wenn wir schon rasteten und was aßen, stopfte ich mir auch gleich was rein. Irgendwann entdeckte Mama die Streuobstwiese, von der sie schon die ganze Zeit erzählt. Für 25,00 € Euro im Jahr kann man sich hier einen Baum „mieten“. In einer demokratischen Abstimmung, ob wir das machen sollten, blieb der Ausgang offen und so ging es dann diskutierend weiter, bis sich ein kleines Hindernis vor uns auftat. Ein umgefallener Baum vom letzten Sturm lag auf dem Weg. Wir spielten King Louis aus dem Dschungelbuch, schwangen uns aber eher weniger elegant unter dem Baum durch. Abgesehen von dem Baum, war der restliche Weg zwar auch schön, aber weniger spannend. Irgendwann trennte sich das Rudel wieder und ich hörte mir weiter Mamas Lobeshymnen an. Links Fichtenwald, rechts Wiesen und Felder. Wir erreichten wir nach langer Zeit Stangenhagen.
Was wäre eine Wanderung ohne Essen?
Endlich Zivilisation! Aber zu früh gefreut: Kein Mensch war zu sehen, ja noch nicht mal zu hören. Irgendwie war es hier ziemlich trostlos. Auch das Nesthäkchen verlor langsam die Lust am Latschen, bis sie am Ende des Dorfes einen Spielplatz entdeckte. Wie hätte es anders sein können, hielten wir natürlich an, um eine weitere Fresspause einzulegen. Ich motzte rum, weil ich weiter laufen wollte, aber das nütze nichts. Wir blieben wo wir waren. Die Kleinste tollte also auf der Rutsche rum und ich stopfte mich lustlos mit essen voll. Was tut man nicht alles für seine Familie (seuftz). Als es dann endlich zum Aufbruch schallte, war ich die erste, die abmarschbereit war. Meine Schwester mussten wir fast von der einsamen Rutsche zerren, aber zum Glück ging es dann ohne Rumgemotze und mit (fast) guter Laune weiter.
Weit vom Turm konnten wir nicht mehr entfernt sein, denn von weitem sah man ihn schon. Immer den Asphaltplattenweg entlang kamen wir unserem Ziel immer näher. Ich stutze, als der Weg plötzlich in einen Holzstelzenweg über dem Wasser überging. So ganz stabil sah mir die Konstruktion nicht aus. Augen zu und durch. Wobei „Augen zu“ hier eher suboptimal war, wenn man nicht ins Wasser fallen wollte.
Tierische Zivilisation
Und dann sahen wir… Menschen! Und den Vogelbeobachtungsturm. Auf der Brücke vor dem Turm hatten sich zwei Ornithologen niedergelassen und beobachteten Fischadler. Auch wir durften einmal deren Fernglas benutzen, denn meines war für solche Entfernungen nicht ausgelegt. Danach besteigen wir den Vogelbeobachtungsturm. Auch hier waren zwei Damen am Vögel beobachten. Sie erklärten uns, was dort am Himmel flog: Schwarzmilan und Rohrweihe. Auch zwei Nester entdeckten wir hier. Deren Bewohner (Graureiher und Schwan) erkannten wir dann doch selber. Hier war wirklich etwas los und wir kamen aus dem Beobachten und Entdecken nicht mehr raus. Schweren Herzens zogen wir dann doch weiter, in der Hoffnung weitere Abenteuer zu erleben.
Schneisenschneider voraus!
Unser Navigationsgerät (also Wanderjenosse Sandra) navigierte uns zu einem Weg, der im Prinzip eigentlich keiner war. Auf der Karte war er eingezeichnet, aber als wir jetzt davor standen, war da nichts. Doch nach drei Mal gegenchecken der Karte, wurde schnell klar: Das müsste der Weg sein. Das Nesthäkchen schlug sich also als erstes in die Fluten aus Schilf, sodass sie schon fast nicht mehr zu sehen war. Dann folgten der Silberrücken, ich und Sandra. Nach dem: „Iiih, das piekst“, vom Nesthäkchen, beschlossen wir, dass es besser wäre, wenn Papa vorginge. Gesagt, getan! Und so kam es, dass wir zu unserem persönlichen Schneisenschneider kamen. Doch auch dieses amüsante Abenteuer (mit doch recht viel Gemecker, Gelächter und Rudelgesang) ging vorbei, als wir zurück ins langweilige Stangenhagen kamen. Von hier aus ging es dann den gleichen Weg (natürlich mit Pause zum Essen) wieder zurück zum Auto, welches gemütlich und (zu) angenehm warm in der Sonne stand. Natürlich wurde alles was nur halbwegs interessant war, sprich jeder Schmetterling, untersucht, fotografiert und schließlich diskutiert, was das denn für einer war. Hätten wir Internet gehabt, hätten wir da noch länger gestanden, um sofort nach zu recherchieren (keine Sorge, das wurde dann zu Hause nachgeholt). Geduld war ja noch nie so meine Stärke, aber mit meinem Rudel konnte man das wirklich ganz fantastisch üben. Und weil wir uns alle doch eigentlich mögen, haben wir dann im Auto noch ein Abschiedsessen veranstaltet.
TIPP
Besucht das Vogelparadies im Oktober, wenn tausende von Zugvögeln diese Gegend als Raststätte zum „Auftanken“ auf Ihrem Weg nach Süden nutzen.Mehr Infos: Förderverein Nuthe-Nieplitz
Streckeninfos
Start: L793 zwischen Blankensee und SchönhagenZiel: L793 zwischen Blankensee und Schönhagen
Rundwanderweg: ja
Länge: 8,6 km
Schwierigkeitsgrad: leicht
halb schattig / halb sonnig
Vogelparadies Stangenhagen in Bildern
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