Wanderjenosse Lea
Seit kurzem ist mir ein ganz eigenartiges Phänomen aufgefallen, das mich stutzig gemacht hat. Da laufe ich so vor mich hin, es ist vielleicht ein bisschen diesig und nass, komme an einen Wegweiser und inspiziere ganz gewöhnlich, in welche Richtung ich denn nun laufen muss. Ein Pfeil nach links, einer nach rechts und einer in die Richtung aus ich gerade kam. Nichts Ungewöhnliches. Fertig mit dem TÜV, will ich gerade weiter ziehen, da fällt mein Blick auf ein paar Wanderschuhe. Braune, mit ordentlich gebundener Schleife und herabhängender Sohle. So wurden sie an der Wegkreuzung zurück gelassen. Vergessen hängen sie da, oben auf dem Wegweiser, und fristen ihr Dasein. Das könnte ich jetzt natürlich als einmalige Sache bezeichnen, doch tatsächlich kommt mir so etwas öfter zu Gesicht. Mal ein einzelner Schuh, mal ein Rudel. Aber immer sind es braune Wanderschuhe mit kaputter Sohle.
Wieso sie von ihrem Herrchen zurück gelassen wurde scheint klar: Sie waren keine treuen Begleiter mehr. Etwas gröber ausgedrückt: Sie haben ins Gras gebissen. Was der Grund dafür ist, bleibt unklar. Ob es vielleicht die schlechte Pflege war oder einfach das Alter? Vielleicht wurden sie ja auch mutwillig zerstört? Wenn die Schuhe nun aber doch nicht kaputt sind (was durchaus schon vorkam), wird der Fall richtig kompliziert. Da will ich gar nicht erst drüber nachdenken. Fakt ist, dass sie nun hier, mitten in der Pampa hängen und ich weiterhin ein großes Fragezeichen über dem Kopf habe.
Die nächste Frage die sich mir stellt ist, wie kam der Ex-Besitzer ohne seine Schuhe weiter? Vielleicht hatte er sich schon extra ein Paar Ersatzschuhe mitgenommen? Oder nehmen andere Leute schon vorsorglich zwei Schuhpaare mit? Ich stelle mir also vor, jemand läuft immer mit zwei herumschwingenden, hinten am Rucksack befestigten Tretern durch die Gegend. Oder hätte er die Schuhe im Rucksack und befestige stattdessen den Wanderproviant außen? Fragen über Fragen. Wahrscheinlich wird es so gewesen sein, dass der Jemand barfuß weiter gelaufen ist.
So weit ist das ja alles schön und gut. Bis hier hin konnte ich den Tatverlauf gut rekonstruieren. Schuhe kaputt, ausgezogen, barfuß weiter. Aber irgendwie müssen die Schuhe auch auf den Wegweiser gekommen sein. Hierzu fallen mir gleich erstklassige Verschwörungstheorien ein. Von wegen: „Wanderschuhe haben zu wenig Rechte und als Rache wollen sie jetzt die Weltherrschaft an sich reißen und die Menschheit versklaven“, aber so schlimm wird es wohl doch nicht gewesen sein. Trotzdem ist so ein Wegweiser ziemlich hoch und die Tretter da hoch zu befördern würde jemandem schon einiges an Kletterkünsten abverlangen. Aber vielleicht hatte man neben einem Ersatzpaar auch eine Leiter dabei? Wer weiß, wer weiß. Ich traue denen ja alles zu. Wobei ich an dieser Stelle auch gerne gewusst hätte, wer „Denen“ ist. Wer bitte lässt seine Wanderschuhe einfach im Wald zurück? Die großen W-Fragen zu diesem Thema werden mir, dem Ottonormalwanderschuhverbraucher, wohl auf ewig ein Rätsel bleiben. Zumindest so lange, bis sich einer der anonymen Wanderschuhentsorger erbarmt und mich aufschlaut.
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3 Comments on “Die Sache mit den herrenlosen Wanderschuhen”
These: Irgendwann kommst du in die Situation, dass beim Wandern deine Schuhe kaputt gehen … dann wirst du hinter das Geheimnis kommen 😉
Alles was du dafür tun musst ist .. wandern, wandern, wandern.
Gegenthese: Bevor mir meine Schuhe kaputt gehen, werden sie mir zu klein. Und selbst wenn sie ihren Geist aufgeben… Ich würde die Schuhe dann bis zum nächsten Mülleimer abtransportieren und sie müssten nicht ihr Dasein im finsteren Wald fristen. ??
Grüße nach Angermünde
WJ Lea
Wow, da outet sich Florian als einer derjenigen, der seine kaputten Wanderschuhe im Wald belässt. Leider beantwortet er nicht die gestellte – und so drängende – Frage, ob er denn immer Reserveschuhe dabei hat oder im Schadensfall dann barfuß durch den Wald latscht. Oder behält er dann gar die Socken an? Fragen über Fragen. Wanderjenossen, das müsst Ihr klären. Vielleicht hängt Ihr mal solche Bewegungsmelderkamaras im Wald auf.